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Vietnam

Zwischen Klebreiskuchen und Räucherstäbchen: Das Tết-Fest

 Pilger entzünden am Neujahrstag rote Weihrauchkerzen in Pagode in Ho Chi Minh-Stadt, Vietnam© Huy Thoai, Shutterstock · Tết ist deutlich von Spiritualität geprägt

Das Tết-Fest gilt als der wichtigste Feiertag Vietnams. Es markiert den Beginn des neuen Jahres nach dem Mondkalender und wird drei Tage lang mit Familie, Traditionen und spirituellen Bräuchen gefeiert.

Lea Katharina Nagel, vom 20.11.2024

Neujahr nach dem Mond

Jedes Jahr wird in der Nacht von 31.12. auf 01.01. überall auf der Welt Neujahr gefeiert. Ob mit Wiener Walzer, auf einer Strandparty, mit Konzert oder Apres Ski – ob in London, Hamburg, Rio de Janeiro, Kapstadt oder Bern: dem "westlichen" Silvester kann man kaum entgehen. Doch nicht alle Länder der Welt vollziehen den Jahreswechsel zu dem uns so vertrauten Zeitpunkt – eines dieser Länder ist Vietnam. Das traditionelle Neujahrsfest der Vietnamesen, Tết Nguyên Đán, findet in der Regel 1-2 Monate zeitversetzt zu unserem Silvester statt, dauert drei Tage und ist landesweit der wichtigste Feiertag und das höchstes Familienfest. Dabei richtet sich der vietnamesische Kalender nach dem Mondkalender und zeigt Parallelen zur chinesischen Astrologie. Die Jahre werden demnach nach Tieren und Fabelwesen benannt (Schlange, Pferd, Drache, Katze, Ratteusw.) und mit bestimmten Elementen (Holz, Metall, Erde, Feuer) verknüpft.

Die drei Phasen des Tết-Festes

Das Tết -Fest läuft gemeinhin in drei großen Phasen ab:

Tát Niên (Die Vorbereitung): Hier heißt es aufpolieren, sich von Altlasten befreien und vorsorgen. Bereits Wochen, manchmal Monate, vor Tét wird neue Kleidung gekauft, Vorräte werden angelegt und Schulden zurückgezahlt.

Giao Thùra (Der Vorabend): Die heiße Phase beginnt. Das Haus wird von Grund auf gereinigt und aufgeräumt, denn an den Festtagen selbst ist das verboten. Hausschmuck wird aufgehängt und es wird üppig mit Blumen dekoriert.

Tân Niên (Die drei Festtage): Am ersten Tag der eigentlichen Festtage werden Freunde und Familie nach Hause eingeladen – an diesen Tag sind selbst die Straßen in Hồ Chí Minh-Stadt menschenleer. An Tag zwei und drei verlagert sich die Feier nach Draußen: Die örtlichen buddhistischen Tempel werden reich besucht, man isst auswärts und öffentliche Tanzaufführungen beleben das Straßenbild.  Drachentanz zum Neujahrsfest im Hof der Thien Hau Pagode, Ho-Chi-Minh-Stadt, Vietnam© Sing Studio, Shutterstock

Omen und Rituale

Tết zeichnet ein deutlich traditionell-spiritueller Charakter aus. Glaube, Aberglaube, feste Rituale und Segenswünsche sind charakteristisch und so gilt es Streit und Fluchen an den Tagen strikt zu vermeiden. Zudem sollte die erste Person, die am ersten Festtag das Haus einer Familie betritt, möglichst gutherzig, wohlwollend und sympathisch sein – das wird dann als Glücksomen für die die kommenden 365 Tage gewertet. Kinder bekommen am ersten Tag von den Ältesten einen roten Umschlag mit Geld, das sie meist noch während der Feierlichkeiten in Süßigkeiten und Spielzeug investieren. In den Tempeln und Pagoden wird währenddessen mit Sandelholz geräuchert, Geld geopfert, Zukunftsvoraussagen eingeholt und auch hier treten Tanzgruppen auf. An den heiligen Orten, so die Wahrnehmung, begegnet man verstorbenen Seelen, die nur an diesem Tag die Erde besuchen. Sie treffen „pünktlich“ um 12 Uhr Mitternacht zu Beginn von Tết ein und werden von vielen Familien mit roten Bannern vor dem Haus begrüßt.  Vietnamesischer Gelehrter schreibt Kalligraphie zum Neujahrsfest in vollgestelltem Laden in Ho-Chi-Minh-Stadt© LeQuangNhut, Shutterstock

Dass Tết bald ansteht, ist auch für Fremde leicht erkennbar: Schon Wochen zuvor, werden massenweise Blumen verkauft und Häuser und Wohnungen damit geschmückt. Dabei ist es im südlichen Landesteil üblich, gelb blühende Aprikosenzweigen (canh maï) zu verwenden, im nördlichen Teil werden zart Rosane genommen (canh dào). Zu essen gibt es traditionellerweise unter Anderem báhn chung, Kleibreiskuchen: Angeschnittener, gefüllter traditioneller vietnamesischer Klebreiskuchen, gefüllt mit Bohnenmus und Schweinefleisch, eingewickelt in Pfeilbaumblättern. Typisches essen zum Neujahrsfest© xuanhuongho, Shutterstock Reis wird mit Schweinefleisch, zerstampften Mungobohnen und je nach Vorliebe und Region mit weiteren Zutaten gefüllt, anschließend in saftig grüne Pfeilbaumblättern (lá dong) eingewickelt mit Bast zugeschnürt. Báhn chung erinnern dadurch an kleine Geschenke und passen hervorragend zu Tết – einem Neujahrsfest, dessen Bedeutung über Raketen und Konfetti hinausgeht.

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