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Nana Claudia Nenzel
Seit ihrem ersten Italien-Urlaub, wie damals üblich in den Sommerferien an einem Adria-Strand, hat Nana Claudia Nenzel das Stiefelland nicht mehr losgelassen. Die Arbeit an Reportagen für u.a. die Frankfurter Rundschau und Süddeutsche Zeitung führten die studierte Germanistin und Kunstwissenschaftlerin immer wieder zurück gen Süden. 1998 hat sie schließlich in dem winzigen Dorf Musaga di Gargnano am Westufer des Gardasees ihre zweite Heimat gefunden – im selben Jahr erhielt sie in Rom vom italienischen Staatspräsidenten Scalfaro als Kulturbotschafterin eine hohe Ehrung. Die passionierte Reisebuchautorin pendelt heute zwischen München und Gargnano.
Buchtitel von Nana Claudia Nenzel
Wie hat Ihre Leidenschaft fürs Reisen und Schreiben begonnen?
Schon als Kind reiste ich viel mit meinen Eltern und Geschwistern durch ganz Europa, speziell aber immer wieder nach Italien, das mich später während meines Studiums der Germanistik und Kunstgeschichte immer mehr faszinierte. Schon während des Studiums, das ich mir hart verdienen musste, habe ich journalistisch gearbeitet. Ich wollte später unbedingt ins Feuilleton, blieb aber im Tourismus "hängen". Ich war drei Jahre lang Ressortleiterin Reise bei der Verbraucherzeitschrift "DM" (Frankfurt), arbeitete danach als freie Autorin für mehrere Reiseredaktionen sowie touristische Fachblätter und lernte auf zahlreichen Reisen die Welt kennen. Aber meine Vorliebe für Europa wurde immer stärker, und seit dem ersten Italien-Buch, das Sardinien galt, ließ mich das Stiefelland nicht mehr los.
Wie war es, Ihren ersten Reiseführer für DUMONT zu schreiben?
Meine Spezialisierung auf Italien hat tatsächlich mit DUMONT zu tun. Mein erster Band für den Verlag hieß “Richtig Reisen Toscana”, etliche weitere Reiseführer folgten ihm. Der damalige, inzwischen verstorbene Verleger Ernst Brücher meinte, nachdem er ein kleines Buch über Sardinien von mir gelesen hatte, bei DUMONT hätte ich mehr Platz, mein Können zu zeigen, und er vertraute mir den wichtigen Toscana-Band für DUMONT an. Am Scheckrand meines – geradezu ansehnlichen – ersten DUMONT-Honorars kritzelte er mit markanter Schrift “Gratuliere”… Es folgten mehrere Titel bei DUMONT, geblieben sind über all die Jahre drei von ihnen, die von mir natürlich laufend bearbeitet und aktualisiert werden: die Reise-Handbücher Toskana und Oberitalien sowie das Reise-Taschenbuch Gardasee. Natürlich bin ich in dieser Funktion stolz darauf, dass mich 1998 das italienische Kultusministerium für meine “Verdienste um die Verbreitung der italienischen Kultur im deutschsprachigen Raum” ausgezeichnet hat. Unterschrieben vom damaligen Staatspräsidenten Scalfaro.
Was war Ihr schönstes oder aufregendstes Erlebnis während der Recherche?
Nichts freut mich mehr, als einem Leser zu begegnen, der mit meinem Reiseführer in der Hand auf einer Kaimauer oder im Cafè sitzt und ganz darin vertieft ist mir mehrmals passiert. Ein Leser war z.B. so begeistert von Gargnano, dass er hier heiratete und nach der standesamtlichen Trauung mit seinen Gästen die Limonaia des Signor Gandossi besichtigte – eine Anregung, die er in meinem Reise-Taschenbuch Gardasee gefunden hatte. Aber das allerschönste Erlebnis war die Entdeckung einer Ruine in Musaga, die nach der aufwändigen Restaurierung unser Zuhause wurde. Ein herzerwärmendes Zuhause, denn mein Mann und ich gehören zur Dorfgemeinschaft, seit wir mit unseren Nachbarn eine Müllkippe verhindert und ein Fest ins Leben gerufen haben, um die Kosten für die Restaurierung unseres Kirchleins zu bewältigen. Das schweißt zusammen und macht auch noch richtig viel Spaß!
Nach welchen Kriterien wählen Sie die Inhalte für Ihre Reiseführer aus?
© Nana Claudia Nenzel
Meine Reiseführer wenden sich an interessierte Reisende, nicht an Touristen, da sehe ich einen großen Unterschied. Und meine ausgewählten Gebiete im Norden und in der Mitte Italiens sind ausgesprochene Ziele für Individualisten. Die sich über eine schön erzählte Geschichte (Essay oder eine aktive Tour) freuen und sie auch gerne nachvollziehen. Und sich dennoch ausreichend informiert wissen über alles Sehens- und Wissenswerte. Besonders freut es mich, dass man sich beim Recherchieren vor Ort intensiv mit einem Land, einer Region befassen muss bzw. darf, man mit vielen Menschen zusammenkommt, ihre Geschichten hören und verarbeiten kann, immer wieder nach interessanten neuen Aspekten suchen muss, um ein Reisegebiet als Ganzes zu erfassen und für den Leser so aufzubereiten, dass er etwas damit anfangen kann.
Welche drei Dinge dürfen in Ihrem Koffer auf einer Recherchereise nicht fehlen?
Außer meinen Reiseführern, die ich gerade aktualisieren muss, wenig. Ich reise entweder rund um mein Gardasee-Dorf herum für das Reisetaschenbuch Gardasee und in die meisten Regionen Oberitaliens ist es nicht weit von hier, wohin ich mich immer wieder für eine Verschnaufpause zurückziehen kann. Und um in die Toscana zu reisen, brauche ich auch nur den Tosco-Emilianischen Apennin zu überwinden, bin schnell wieder in meinem italienischen Zuhause. Eine Kamera - inzwischen reicht ja schon ein gutes Handy - darf nicht fehlen, auch um sogenannte Beweise festzuhalten. Drittens mein Tagebuch, um besondere Ereignisse und Tipps festzuhalten sowie genaue Beschreibungen von Wanderrouten, Strecken für Rad- wie für Autofahrer aufzuzeichnen.
Was ist in ihrem Koffer, wenn Sie aus Italien zurückkommen?
Nach der Weinlese liegen im Wagen einige Steigen mit duftenden Trauben aus unserem Cortile, dem kleinen Hof mit der großen Weinpergola, unsere Freunde in München warten schon darauf. Nach der Olivenernte brauchen wir genug Platz im Kofferraum für das Olivenöl aus unserem Dorf. Bei der Olivenernte haben wir vorher mindestens eine Woche lang geholfen und jeden Abend unsere Knochen gezählt. Bald darauf fangen die Zitronen in den Limonaie von Gargnano zu reifen an, die man dringend braucht, um einen Limoncello selber zu machen.
Was unternehmen Sie, wenn Sie die Recherche vor Ort beendet haben?
Da ich immer in Begleitung meines Mannes reise, haben wir allmählich eine abendliche Zeremonie entwickelt: Aperitivo muss am Abschluss eines jeden Tages sein, danach in einem netten kleinen Restaurant zu Abend essen. Und wenn wir in der Toskana unterwegs sind, wo wir gerne ein Ferienhaus mieten, lassen wir den Abend am Kaminfeuer ausklingen, nachdem wir vorher wenigstens die Bruschetta darüber geröstet, wenn nicht gar das Abendessen (z.B. die Bistecca fiorentina) zubereitet haben.